Hochpräzisionsbestrahlung heilt Patientin mit wiederkehrenden Herz-Rhythmusstörungen

Eine Frau und Mutter dreier Kinder leidet seit einem Vorderwandinfarkt jahrelang unter lebensbedrohlichen Herz-Rhythmusstörungen, die die Ärzte mit herkömmlichen Mitteln nicht in den Griff bekommen. Das Blatt wendet sich für die Patientin, als sie Anfang des Jahres in die Uniklinik Augsburg kommt. Hier wird sie mit einer etablierten Methode behandelt, die jedoch nicht zum Standard gehört. Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Kardiologie und Strahlenklinik auf höchstem Niveau. Sie schenkt Katharina Fuchs ein 2. Leben.

 

Hinweis:

Dies ist eine Pressemitteilung des Universitätsklinikums Augsburg.
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Von Ines Lehmann | Katharina Fuchs (Name von der Redaktion geändert) wird am 1. März ein 2. Leben geschenkt. Nicht etwa, weil sie an diesem Sonntag einen schweren Verkehrsunfall überlebt. Nein, am 1. März wird die 58-Jährige mit hochdosierter Röntgenstrahlung bestrahlt. Und damit ihr jahrelanges Leiden beendet. Etwas mehr als zehn Jahre dauert der Ritt auf der Rasierklinge.

890 Volt jagen durch ihren Körper – mehrere Male täglich!

Alles beginnt 2013 mit einem großen Vorderwandinfarkt, der Fuchs‘ Herzmuskelfunktion auf 30 Prozent reduziert und zu einer dauerhaften Herzinsuffizienzsymptomatik führt. Lebensbedrohliche Herz-Rhythmusstörungen sind die Folge. Die Ärzte raten der Mutter dreier beinahe erwachsener Kinder zur Implantation eines Defibrillators, der  beim Auftreten der Herz-Rhythmusstörungen Schocks von 890 Volt in ihrem Herzmuskel auslöst und die Herz-Rhythmusstörungen damit beendet. Fuchs lehnt ab. Vier Jahre später lösen die Rhythmusstörungen einen plötzlichen Herztod aus. Fuchs wird bei Kammerflimmern reanimiert; knapp überlebt sie. Und willigt ein in die Implantation des Defibrillators. Daraufhin rettet ihr der Defi mehre Male das Leben, in dem er immer wieder auftretende Rhythmusstörungen der Herzkammer behandelt. Die Rhythmusstörungen kehren allerdings immer wieder. Als 2022 eine Ablation in einer Klinik in München erfolglos bleibt, beginnt Fuchs auf Anraten der Ärzte mit einer anti-arrhythmischen Medikation.

Erneute Ablation offenbart Ursache für Herz-Rhythmusstörungen

Im Januar 2024 kommt Fuchs in die Augsburger Uniklinik. Erneute bösartige Rhythmusstörungen – trotz Defi, trotz anti-arrhythmischer Medikation – sind der Anlass. Oberarzt Dr. Michael Deiß, der mit seinem Team am UKA bereits erfolgreich das Zentrum für Vorhofflimmern etabliert hat, identifiziert die Außenseite der Herzwand als Ursprung der Rhythmusstörungen. Verwachsungen des Gewebes durch den Altinfarkt versperren den üblichen Weg an die Außenseite des Herzens. Die Rhythmusstörungen bei Katharina Fuchs treten inzwischen mehrfach wöchentlich auf, obwohl die Medikation angepasst wird. Mehrfach wöchentlich bekommt Fuchs Stromstöße mit 890 Volt, um die Herz-Rhythmusstörungen zu beenden. Doch auch eine erneute Ablation befreit die Patientin nicht von den Rhythmusstörungen, was sich negativ auf ihre  Lebensqualität auswirkt. Dann aber können die Ärzte den Mechanismus der Herz-Rhythmusstörung entschlüsseln und die Stelle identifizieren, an der das Problem auftritt. „So konnten wir den Strahlentherapeuten genau zeigen, wo die Zielregion der Bestrahlung ist und diese auf ein wenige Quadratzentimeter großes Feld begrenzen“, erinnert sich Deiß. Oberarzt Matthias Zähringer von der Klinik für Strahlentherapie übernimmt.

Konsilanfrage aus der Kardiologie bei konventionell nicht beherrschbarer, bösartiger Rhythmusstörung

Die Strahlentherapie bei konventionell nicht beherrschbaren, bösartigen Herz-Rhythmusstörungen ist etabliert, gehört aber nicht zum Standard. Deiss und Zähringer kennen einige wenige Fälle aus Berlin, Heidelberg, Kiel. An der Uniklinik folgen Aufklärungsgespräche zwischen Deiss, Zähringer, der Patientin und ihren Angehörigen. Prof. Dr. Georg Stüben, Direktor der Klinik für Strahlentherapie, wird hinzugezogen. Es findet eine Computertomographie zur Planung der Bestrahlung statt. Mithilfe spezieller Software wird das Bestrahlungsvolumen eingezeichnet. Dann berechnen die Kollegen der Abteilung für Medizinphysik die Bestrahlungsdosisverteilung. Der fertige Bestrahlungsplan wird vom gesamten Team aus Klinikdirektor, Ober-, Fach- und Assistenzärzten sowie dem Team der Medizinphysik freigegeben.

Der 1. März ist da. Im Bestrahlungsraum wird die Patientin in exakt der gleichen Position gelagert wie beim Planungs-CT. Eine sogenannte low dose-gestützte Bildkontrolle mittels CT garantiert die korrekte Lagerung. Die Bestrahlung durch Zähringer dauert exakt drei Minuten und 47 Sekunden.  
Längst ist Katharina Fuchs wieder daheim bei ihrer Familie. Die Herz-Rhythmusstörungen sind nie wieder aufgetreten.