Die individuelle Patientenbehandlung auf höchstem Niveau ist unser Herzensanliegen.
Damit wir dieses Ziel jeden Tag erreichen können, befähigen wir unsere Mitarbeitenden dazu und leben diesen Spirit im Team. Dabei ist die berufsgruppenübergreifende Hand- in Hand Arbeit auf Augenhöge täglich gelebte Praxis.
…Das alles steht und fällt mit guter Aus- und Weiterbildung…
Lehre und Weiterbildung sind komplexe Prozesse, die über ein Verstehen der Sachzusammenhänge in einer Verhaltensänderung der Lernenden resultieren sollen. Die formenden Faktoren dabei sind die Arbeitsumgebung, das Curriculum, eigene Erfahrungen sowie die Inhalte besuchter Weiterbildungsveranstaltungen und bettseitiger Weiterbildungsaktivitäten. Dies gilt im Besonderen für Anästhesiologie und Intensivmedizin. Am nachhaltigsten aber wirkt Lernen an einem Vorbild, das die Inhalte – fachlicher wie nichtfachlicher Natur – selbst vorlebt.
Ein grundsätzlicher Vorteil der Erwachsenenbildung ist die vergleichsweise hohe Lernmotivation und Zielorientierung der Lernenden. Dies gilt explizit auch für die Mitarbeitenden der Generation Z. Entsprechend sollten die Weiterbilder diese gerne übersehene Lernmotivation unter Berücksichtigung des Weiterbildungsstands als Triebfeder für eine effektive Weiterbildung zu nutzen lernen, sowohl im Interesse der Lernenden als auch der Institution. Der Lehrende oder Mentor sollte sich als Steigbügelhalter für den Lernenden verstehen und einen Realitätsschock beim Einsteiger verhindern.
In einer anspruchsvollen Weiterbildung haben Ausbilder die sich selbst besonders kenntnisreich und bedeutend in den Vordergrund stellen, keinen Platz. Andererseits müssen sich die Lernenden auch in ihr selbst gewähltes Arbeitsumfeld hineinentwickeln und ihre Weiterbildung mit intrinsischer Motivation selbst mitgestalten (Heller & Schaffer 2017). „Wer immer darauf wartet, von anderen motiviert zu werden, wird es selten zu etwas bringen“ (Malik 2014). Bei alldem dürfen aber auch weiche Mitarbeiterfaktoren nicht unberücksichtigt bleiben (Koch & Heller 2017) und es wird vom Weiterbilder ein Maß von Work- Life Kompetenz erwartet (Heller & Heller 2009).
Wissensvermittlung in unserem Fach muss in diesem Sinne als Kontinuum von der studentischen Lehre über die Facharztweiterbildung (Heller & Koch 2006) und Intensivspezialisierung bis hin in die tägliche Praxis verstanden und gelebt werden. Dabei werden bereits während der studentischen Ausbildung Lehrmethoden angewandt, die das lebenslange Lernen fördern und methodisch den Grundstein für die lernerzentrierte Weiterbildung legen (Heller 2015).
Realität in Fort- und Weiterbildung
Medizinische Aus-, Weiter- und Fortbildung wird in Deutschland häufig stiefmütterlich nach dem Motto „see one – do one – teach one“ (Vozenilek. 2004) behandelt. Die qualitätssichernde Maßnahme „get one“ existiert begreiflicherweise nur in Ausnahmefällen (McDonald 2002). Ein strukturiertes Erlernen von Prozeduren und Maßnahmen unter Supervision (Heller 2006) hat noch nicht im wünschenswerten Umfang in Deutschland Einzug gehalten und gehört noch nicht durchgängig zur Lehrkultur. Allerdings steigt der Stellenwert einer hoch qualitativen Weiterbildung im Zuge des Fachkräftemangels und der Möglichkeit sich als Lernender die Weiterbildungsstätte schon heute nach ihrem Lehrangebot auszusuchen.
Nach wie vor arbeiten viele Kliniken vorrangig mit Facharztbesetzung und bilden nicht mehr weiter. Hierdurch erscheint vordergründig ein Qualitäts- und Ressourcenproblem gelöst (notwendige Supervision, nicht indizierter diagnostischer Aufwand, Fehlerbehebungskosten, verlängerte Verweildauer etc.). Folge ist aber ein klar nachweisbarer Stillstand in der fachlichen Weiterentwicklung der jeweiligen Institution.
Herausforderungen im akutmedizinischen Arbeitsumfeld
Unabhängig von der Art der hochspezialisierten Tätigkeit in Risikobereichen (Luftfahrt, Reaktorbetrieb, Militär etc.) muss sich die Wissensvermittlung einerseits innerhalb einer Berufsgruppe anderseits aber auch im interdisziplinär/multiprofessionellen Team immer sowohl an den Zielen der Arbeitsprozesse aber auch an ihrem Umfeld orientieren.
Bei der nüchternen Analyse des intensivmedizinischen Arbeitsumfelds müssen jedem Teammitglied Schwächen eingeräumt werden. Die Institution hat aber dafür Sorge zu tragen, dass diese Schwächen durch organisatorische und ausbilderische Maßnahmen aufgefangen werden (Eisold & Heller 2017, Juncken & Heller 2018). Ein Mentorenprogramm und Peer- Teaching, sowie die Berücksichtigung weicher Faktoren können dabei helfen den Lernenden gut in das neue Umfeld einzuführen (Heller & Heller 2009). Voraussetzungen für eine erfolgreiche Aus- und Weiterbildungstätigkeit in der Intensivmedizin sind klare Führungsstrukturen (Heller 2009, Heller 2016) und ein offener Dialog aller beteiligten Berufsgruppen mit dem eigenen Bedürfnis zur Qualitätsverbesserung (Heller& Juncken 2020)
Eine gemeinsame Vision Aller für eine patientenzentrierte Behandlung und das Ziel der bestmöglichen Patientenversorgung unter Einbeziehung evidenzbasierter Behandlungsalgorithmen muss die tägliche Versorgung tragen (Heller 2009). Zum Aspekt der Qualitätssicherung gehört dabei in allen beteiligten Berufsgruppen eine offene Fehlerkultur und die fortlaufende Messung der Ergebnisqualität auch als Prüfstein der Weiterbildung (Heller& Juncken 2020). Eine fest verankerte positive Kommunikationskultur mit den Patienten und Angehörigen gehört darüber hinaus zu den guten Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Weiterbildungstätigkeit (Eisold & Heller 2017).
Organisatorische und Ausbildungsmaßnahmen müssen allgegenwärtige Schwächen im Team auffangen. Dazu gehören ein offener Dialog, Qualitätsmessung und -verbesserung, Patientenzentrierung, Evidenzorientierung und Handlungsalgorithmen (Juncken & Heller 2018, Heller& Juncken 2020).
Gemeinsamkeiten mit anderen Hochrisikobereichen
In seinem Buch „Das Unerwartete managen“ beschreibt K. Weick (2007) Besonderheiten von Hochrisikoorganisationen (HRO), zu denen er auch die intensivmedizinische Versorgung zählt. Diese Eigenschaften sind genau diejenigen Lernziele, die der Arzt während seiner intensivmedizinischen Weiterbildung verinnerlichen muss: „Menschen brauchen oft zu lange, um zu erkennen, dass die Ereignisse ihren Erwartungen zuwiderlaufen und dass eine problematische Situation eskaliert. Wenn sie dann verspätet erkennen, wie das Unerwartete seine Wirkung entfaltet, gehen ihre Bemühungen, das Unglück einzudämmen, außerdem häufig in die falsche Richtung.“
Als wesentliche Kennzeichen des Erfolgs von HROs beschreibt Weick ein entschlossenes achtsames Handeln mit der Würdigung schwacher Anzeichen auf sich anbahnende Probleme, sowie der Konzentration darauf, negative Wirkungen mit flexiblen Mitteln symptomatisch einzudämmen, um das Gesamtsystem möglichst schnell wieder funktionstüchtig zu machen. Dazu gehören die ständig aktualisierte, nicht zu vereinfachende Deutung der komplexen Zusammenhänge und ggf. eine kontraintuitive starke Reaktion (Therapie) auf schwache Signale mit demjenigen Teil des Teams mit der größten Kompetenz für dieses Problem (Rochlin 1998) und nicht durch das Mitglied mit der höchsten hierarchischen Stellung (Eisold & Heller 2017, Heller & Müller 2008). Zuletzt ist das Vorhandensein einer offenen Fehlerkultur Kennzeichen des Erfolgs und der Sicherheit (Juncken & Heller 2018).
Simulatoreneinsatz
Die Trainingsanforderungen und Einsatzbereiche verschiedener Lehrmethoden unterscheiden sich in Abhängigkeit vom Weiterbildungsziel und dem existierenden Weiterbildungsstand. Dabei sind im Wesentlichen technische und nicht technische Fertigkeiten (Verhalten, Kommunikation, shared decision making) sowie Prozeduren und Systemkenntnis zu unterscheiden. Der Nutzen von Algorithmen sowohl in der akutmedizinischen Versorgung als auch in der Früherkennung kritischer Situationen ist in der Literatur mittlerweile empirisch gut abgesichert (Heller 2020, Müller 2014; Nachtigall 2009). Während Algorithmen in der Patientenversorgung früher vielerorts als Hilfsmittel für Anfänger verpönt waren, zeigt sich heute klar, dass die stringente Einführung von Algorithmen einen größeren Effekt auf das Überleben der Patienten hat als die individuelle Erfahrung des behandelnden Arztes (Haut 2009, Koch 2019). Ein verbessertes Outcome durch Algorithmeneinsatz ist empirisch belegt. Ein gutes Beispiel für das erfolgreiche Teaching von Erkennungs- und Behandlungsalgorithmen aber auch für die Teilautomatisierung in diesem Bereich ist die Reanimation (Heller 2020, Müller 2014). Interaktive elektronische Gedächtnis- und Entscheidungshilfen die auch für Smartphones adaptiert sind (Richter & Heller 2021) können dabei unterstützen. Sie ersetzen aber keinesfalls das Lernen der Inhalte und das Training am Simulator.
Virtual Reality (VR) Anwendungen wie sie für die Ausbildung in der präklinischen Notfall- und Katastrophenmedizin bereits dokumentiert sind könnten auch in der Intensivmedizin Bedeutung gewinnen. VR kann zwar aufgrund unzureichender Haptik (noch) nicht für ein Skillstraining dienen, bei dem manuelle Fähigkeiten realistisch trainiert werden sollen. Gleichwohl können aber komplexe Abläufe und die kollaborative interprofessionelle Entscheidungsfindung mit beliebig vielen Patienten in beliebigen Umgebungen trainiert werden. Folglich steht und fällt die zielgruppenorientierte Effektivität eines Simulatortrainings mit der Lehrqualifikation des Ausbilders und mit der Passgenauigkeit des Lehrcurriculums (Dorman 2004). Entsprechend müssen der Lehrinhalt und die Simulatorkomplexität immer an den tatsächlichen Bedarf der Zielgruppe angepasst werden. Weniger ist meistens mehr.
Fazit
Voraussetzung für die individuelle Patientenbehandlung auf höchstem Niveau ist die täglich gelebte Kultur des lebenslangen Lernens und eine offene Fehlerkultur.
Weil wir das wissen, befähigen wir unsere Mitarbeitenden dazu mit einer Vielzahl von Aus- Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen.
…Das begeistert nicht nur die Lernenden, sondern auch uns.