Ursachen und Symptome von Erkrankungen, Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten:
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Was ist morbide Adipositas?
Morbide Adipositas (=krankhaftes Übergewicht) ist eine chronische Erkrankung.
In Deutschland leiden etwa 44 % der Männer und 29,1 % der Frauen an Übergewicht, 15,7% der Männer und 13,8% der Frauen sind sogar fettleibig, so dass man bereits von der „Volkskrankheit Adipositas" spricht.
Um zu wissen, ab wann man übergewichtig oder sogar krankhaft übergewichtig ist, kann man seinen BMI (=Body-Mass-Index = Körpermassenindex) berechnen. BMI = Körpergewicht in Kilogramm/ Körpergröße in m²; z.B. bei einem Gewicht von 148 kg und einer Größe von 162cm liegt der BMI bei 148/1,62² = 56,4
In der Tabelle unten kann man dann nachschauen, in welcher „Gewichtsklasse" man sich befindet:
BMI | Risiko für Begleiterkrankungen | ||
---|---|---|---|
Untergewicht | <18,5 | gering erhöht | |
Normalgewicht | 18,5 - 24,9 | durchschnittlich | |
Übergewicht | Präadipositas | 25 - 29,9 | gering erhöht |
Adipositas Grad I. | 30 - 34,9 | erhöht | |
Adipositas Grad II. | 35 - 39,9 | hoch | |
Adipositas Grad III ("morbide Adipositas") | ≥ 40 | sehr hoch
|
Die Probleme, die durch massives Übergewicht entstehen, sind vielschichtig. Man weiß heutzutage, dass es zu vielen Begleiterkrankungen führt, die Lebensqualität häufig deutlich mindert und sogar mit einer erhöhten Sterblichkeitsrate einher geht.
Mit der Adipositas häufig vergesellschaftete Krankheiten:
*angepasst aus BDA Manual Adipositas, Prof. A. Wirth
Aber nicht nur der BMI, auch der Taillenumfang sind ein wichtiger Faktor zur Beurteilung der Gefahren durch Adipositas. Studien zeigen, das Frauen ab einem Taillenumfang über 88cm und bei Männern über 102 cm ein deutlich erhöhtes Risiko für Folgeerkrankungen besteht.
Ursachen
Morbide Adipositas kann vielfältige Ursachen haben. Natürlich muss als erstes ausgeschlossen werden, dass eine behandelbare hormonelle Störung vorliegt, die zur Entwicklung von massivem Übergewicht beiträgt. Wichtige Hormone, deren Blutspiegel untersucht werden muss sind z.B. das „TSH", ein Hormon, das die Funktion der Schilddrüse beeinflusst oder das Cortisol, welches in der Nebenniere gebildet wird. Falls bei Ihnen der Verdacht auf eine solche hormonelle Störung besteht, sollte unbedingt ein Endokrinologe eingeschaltet werden.
Genetische Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle. Sie beeinflussen den Grundumsatz und die Nahrungsverwertung. Man konnte anhand von Studien mit bei der Geburt voneinander getrennten Zwillingen zeigen, dass der genetische Einfluss bei 30-70% liegt. Bestätigt werden konnte auch, dass die Zahl der Fettzellen in der Kindheit festgelegt wird und dann lebenslang beständig bleibt. Deshalb ist es auch so schwierig nach einer erfolgreichen Diät das erreichte Gewicht zu halten, weil die weiterhin vorhandenen Fettzellen schnell wieder aufgefüllt werden.
Psychische Störungen können zur Ausbildung von Übergewicht führen. Depression mit daraus folgendem Bewegungsmangel und sozialer Isolation und eine gleichzeitig vorliegende Essstörung können so zur Gewichtszunahme beitragen. Andererseits kann natürlich auch ein massives Übergewicht eine Depression herbeiführen. Ein Psychologe oder Psychiater sollte also immer mitbeurteilen, ob eine psychische Erkrankung vorliegt und ob sie Auslöser oder Folge der Fettsucht ist.
Die Hauptursachen von Fettleibigkeit sind jedoch andere:
Vor allem im letzten Jahrhundert haben sich die Essgewohnheiten genauso dramatisch geändert wie die körperliche Aktivität. Immer mehr Menschen haben „Sitzjobs", sind also nicht oder kaum körperlich aktiv während ihrer Arbeitszeit. Des weiterem wird dem Fahrrad zu häufig das Auto vorgezogen, Fahrstühle ersetzen die Treppe. Schon Kinder und Jugendliche reduzieren ihre körperliche Aktivität und sitzen mehr vor Computer oder Fernseher als draußen im Garten zu spielen.
Dazu kommt, dass billige - leider häufig damit auch ungesündere Nahrungsmittel - für jeden leicht verfügbar sind. Unter Zeitdruck wird ein schnelles Mikrowellenessen oder der Besuch in einem Fastfoodrestaurant häufig dem Zubereiten eines gesunden Salates vorgezogen.
Letztendlich ist das eigene Körpergewicht immer das Resultat von aufgenommener Kalorienmenge pro Tag (und diese in der Regel über Jahre hinweg!) und der körperlichen Bewegung.
Konservative Behandlung der morbiden Adipositas
Für die konservative Behandlung stehen 4 Ansätze zur Verfügung:
Ernährung
Grundsätzlich geht es bei allen Diäten darum, die Kalorienzufuhr zu vermindern. Die Reduzierung des Fett- oder Zuckeranteils ist ein weiterer wichtiger Bestandteil. Kohlenhydratarme oder proteinreiche Kost kann die Behandlung verbessern.
Nach den meisten dieser Diäten erfolgt häufig eine rasche Wiederzunahme des Gewichts. Deshalb ist als langfristige Lösung die grundsätzliche Änderung der Ernährungsgewohnheiten - für immer!
Bewegung
Durch Sport nimmt man ab, wenn man mehr Kalorien durch Bewegung verbrennt als man zu sich nimmt. Sport ist sehr wichtig, um das endlich erreichte Wunschgewicht zu halten!
Medikamente
Es können verschiedene Medikamente zur Behandlung der Adipositas verwendet werden. Ab einem BMI über 30kg/m² oder wenn der BMI zwischen 25-30 liegt und entsprechende Begleiterkrankungen vorliegen, sollte eine medikamentöse Therapie in Betracht gezogen werden.
Alle Medikamente haben leider auch unterschiedliche Nebenwirkungen und können in vielen Fällen nicht angewendet werden. Welches für Sie in Frage kommt, müssen Sie mit Ihrem Arzt besprechen.
Verhaltenstherapie
Eine Verhaltenstherapie umfasst nicht (oder zumindest nicht nur) die Ernährungsumstellung an sich. Es geht vielmehr darum zu erkennen, in welchen Situationen man sich falsch ernährt und warum. Wenn man z.B. isst, weil man gerade Stress im Job hat, kann man mit Hilfe eines Verhaltenstherapeuten üben, was man außer essen machen kann, wenn man im Stress ist. Man lernt also Strategien, wie man ohne Essen den Stress (oder auch Traurigkeit, Wut...) bewältigen kann.
Leider sind bei vielen Menschen diese 4 Säulen nicht langfristig erfolgreich. Es gibt immer wieder solche, die vielfache Diätversuche, Ernährungsberatungen, Verhaltenstherapien und medikamentöse Therapien hinter sich haben und immer noch oder wieder stark übergewichtig sind. Für diese Patienten kommt häufig nur noch eine Operation in Frage.
1. Gewichtsverlust
Der Erfolg von jeder bariatrischen Operation wird durch das Einhalten der Diät, Sportliche Aktivität und nicht zuletzt vom Besuch von Selbsthilfegruppen ab.
Die Operation selbst ist nur ein Hilfsmittel, nicht der einfache Weg zum Wunschgewicht.
Nicht enttäuscht sein, wenn andere schneller oder mehr abnehmen. Der Verlust des Übergewichts ist individuell sehr verschieden und hängt von verschiedenen Faktoren ab wie z.B.:
2. Schwangerschaft
Wichtig für Frauen ist außerdem: bis ein stabiles Gewicht erreicht ist (ca. 18-24 Monate nach der Operation) muss unbedingt eine ausreichende Empfängnisverhütung durchgeführt werden! Auch wenn Sie in den letzten Jahren ohne Verhütung nicht schwanger wurden, kann das durch den Gewichtsverlust und die damit verbundene hormonelle Umstellung jetzt passieren. Die Antibabypille ist nach einem Bypass nicht mehr sicher wirksam, daher sollte z.B. mit einem Hormonfreisetzendem „Stäbchen", was unter die Haut gelegt wird und alle 3 Monate gewechselt wird.
Während der Phase der ausgeprägten Gewichtsreduktion ist eine Schwangerschaft jedoch absolut unerwünscht, da quasi das Kind die Hungerphase miterlebt und schlimmstenfalls nicht genügend Nährstoffe für Wachstum und Reifung erhält.
Wenn Sie trotzdem schwanger werden sollten, kontaktieren Sie bitte umgehend ihren Hausarzt oder bariatrischen Chirurgen!
3. Vitaminsubstitution
Bitte immer entsprechend den Anweisungen Ihres Arztes! generell gilt:
Bei Magenband und Schlauchmagen empfiehlt sich ein Multivitaminpräparat einzunehmen. Ggf. Zink und Biotin bei Haarausfall, ansonsten abhängig von den Beschwerden und Blutwerten.
Nach einer Magenbypass-OP sollten Multivitaminpräparate, Calcuim, Vitamin B12, Folsäure und Eisen eingenommen werden.
Unabhängig von der OP sollten die entsprechenden Vitamine und Spurenelemente lebenslänglich und täglich eingenommen werden.
4. Medikamente
Immer dem verschreibenden Arzt angeben, dass bei Ihnen ein Mageneingriff durchgeführt wurde. Es gibt Medikamente, die das Entstehen von einer Magenschleimhautentzündung oder sogar Magengeschwüren begünstigen können. Wenn Sie ein solches einnehmen, sollte immer eine andere Tablette zum Magenschutz mit eingenommen werden (z.B. Pantozol/ Nexium/ Omep).
Frei verkäufliche Arzneien dieser Rubrik sind z.B.
Bitte fragen Sie also immer Ihren Arzt, ob Sie neue Medikamente ohne Magenschutz nehmen können.
5. Dumping Syndrom:
wichtig für Bypass Patienten:
Da der Magenpförtner aus der Nahrungspassage ausgeschaltet ist, gelangt va. zuckerreiche Nahrung zu schnell in den Dünndarm, dadurch wird zuviel Insulin ausgeschüttet. Dies kann zu Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Durchfall, Kopfschmerzen und Bauchkrämpfen führen, d.h. es ist enorm wichtig auf zuckerhaltige Nahrung zu verzichten! Höchstens sehr kleine Mengen!
6. Lactoseintoleranz/Milchunverträglichkeit
Wenn Sie nach der Operation nach dem Verzehr von Milch oder Milchspeisen Völlegefühl, Blähungen oder Aufstoßen entwickeln, kann das an einer neu aufgetretenen Lactose (der Milchzucker)- intoleranz liegen. Entweder muss auf Sojaprodukte umgestellt werden oder Lactase als Kapsel zugeführt werden. Also bei Verdacht bitte Arzt kontaktieren.
7. Übelkeit und Erbrechen
Übelkeit und Erbrechen sind (leider) nicht selten in der ersten Zeit nach bariatrischen Eingriffen. Häufig sind sie jedoch durch ein falsches Essverhalten ausgelöst:
Können Sie all dies ausschließen und müssen trotzdem noch erbrechen, sollten Sie unbedingt Ihren Hausarzt oder bariatrischen Chirurgen aufsuchen, da Erbrechen auch ein Symptom für Komplikationen sein kann.
8. Notfallpass
Sie erhalten von uns nach der Operation einen Pass mit Namen, Anschrift und Telefonnummer unseres Zentrums. Auf diesem wird auch Ihre Operation auf deutsch und auf englisch eingetragen, so dass, wenn im In- und Ausland Probleme auftreten, die in Zusammenhang mit der Operation stehen könnten, ein Ansprechpartner zur Verfügung steht. Diesen Pass sollten Sie immer bei sich führen.
9. Selbsthilfe
Das ganze findet im lockeren Rahmen statt, einer aus unserem Adipositasteam wird immer eine kurze Zeit dabei sein. Ansonsten ist es eben SELBSThilfe.
Die Krankenkassen fordern im übrigen die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe vor und nach einer Operation. Sie können die Teilnahme dafür bescheinigt kriegen.
Jeder 3. Freitag im Monat, 19.00-21.00 Uhr, Treffen im Klinikum im 1. Untergeschoss direkt an der Rolltreppe, von dort aus den Pfeilen „Adipositas-SHG" folgen.
10. Postoperative Ernährung
Ernährungsregeln nach bariatrischer Operation:
Ernährungsvorschriften nach bariatrischer Operation
Ab wann? | Was?/Wie? | |
---|---|---|
Phase 0 | 1. Tag nach OP, wenn Kontrastmitteluntersuchung unauffällig | Schluckweise Wasser/ Tee, max. 30ml/Stunde |
Phase 1 | 2. Tag nach der OP | klare Flüssigkeiten -wie, ungesüßter Tee, Wasser, verdünnter Saft -keine Kohlensäure -kein Kaffee, kein Alkohol |
Phase 2 | ab ca 3.-4. Tag nach OP, wenn Phase I vertragen wurde | Wie Phase I plus Proteinshakes: -anfangs 3 x 120 ml pro Tag -langsam steigern -nach ca. 2 Wochen auf 750-1000 ml pro Tag |
Phase 3 | ab 2 Wochen nach OP, wenn Phase II vertragen wurde | Pürierte Eiweißkost -z.B. Hühnerei, fettreduzierter Frischkäse, fettarme Milch, weißes Fleisch, Fisch -kein rotes Fleisch, noch keine Kohlenhydrate und Fette |
Phase 4 | Ca. 4 Wochen nach OP | Nicht pürierte Eiweißkost -siehe oben, aber gut gekaut! -langsam Gemüse einführen -zunächst gekocht, später roh -immer zuerst Eiweißreiches essen! |
Phase 5 | Ab ca. 2 Monate nach OP für den Rest des Lebens! | Eiweißreiche Mischkost -langsam Kohlenhydrate einführen -weiter zuerst Eiweißreiches Essen |
Generell gelten immer in jeder Phase die Ernährungsregeln!!
Immer, wenn etwas nicht vertragen wurde und Übelkeit, Völlegefühl oder gar Erbrechen ausgelöst hat à zurück zu klaren Flüssigkeiten (Phase I) und wieder langsam Tag für Tag steigern!
Ein weiteres, nicht operatives Verfahren ist der Magenballon. Dabei wird mittels einer Magenspiegelung ein Kunststoffballon in den Magen eingebracht, dieser wird mit ca. 500 ml Wasser und einem Farbstoff gefüllt. Dadurch kann man anschließend deutlich weniger Nahrung zu sich nehmen, es wird schnell ein Sättigungsgefühl erreicht.
Vorteile:
Nachteile:
Das laparoskopisch eingesetzte, anpassbare Magenband wird um den obersten Teil des Magens gelegt. Dadurch können nur noch geringen Nahrungsmengen aufgenommen werden, es wird rasch ein Völlegefühl erreicht. Die weitere Verdauung wird nicht beeinträchtigt.
Vorteile:
Nachteile/Risiken:
Es wird ein kleiner Magenpouch von etwa 30ml Größe gebildet. Dadurch ist bereits die Menge der aufnehmbaren Nahrung stark eingeschränkt. An diesen Pouch wird eine Dünndarmschlinge angeschlossen. Der Zusammenführung von Sekret aus dem Restmagen, der Gallenblase und der Bauchspeicheldrüse mit dem restlichen Dünndarm erfolgt erst nach 1-2m, so dass weniger Nährstoffe verdaut und aufgenommen werden können. Dieser doppelte Effekt von Einschränkung der Aufnahme und der Resorption im Darm kann zu einem Gewichtsverlust von bis zu 60% des Übergewichtes führen.
Vorteile:
Nachteile/Risiken:
Der Gewichtsverlust wird durch eine Verkleinerung des Magens und damit verringerte Nahrungsaufnahme erreicht. Es werden ca. 60 % des Magenvolumens entfernt, so dass der Magen die Form eines Schlauches bekommt. Die Operation kann nicht rückgängig gemacht werden, da der Restmagen entfernt werden muss. Nach 6-12 Monaten können etwa 40-50% des Übergewichtes abgenommen werden.
Vorteile:
*Ghrelin ist ein Stoff, den die Zellen des Magens ausschütten. Dieser vermittelt (unter anderem) das Gefühl von Appetit.
**Die Biliopankreatische Diversion ist ein anderer bariatrischer Eingriff, der zur Zeit an unserer Klinik nicht durchgeführt wird. Er ist etwas risikobehafteter als z.B. die Sleeve-Gastrektomie allein und der Magenbypass, hat aber sehr gute Langzeitergebnisse vorzuweisen mit Verlust von bis zu 85% des Übergewichts
Nachteile/Risiken: