BWC-Kongress: So gewinnt man Pflegekräfte
Beim Because we care-Kongress im Kongress am Park geht es zwei Tage lang um Pflege und Gesundheit. Speakerinnen und Sprecher aus nahezu allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens beleuchten Themen wie Digitalisierung, Fachkräftesicherung, Praxis und Innovation. Dazu gehört unter anderem das Interprofessionelle Lernen. Bei der Gewinnung von Fachkräften ist es so wichtig geworden, dass die Uniklinik ihm ein eigenes Projekt gewidmet hat – mit Schweden und ersten Erfolgen.
Hinweis:
Dies ist eine Pressemitteilung des Universitätsklinikums Augsburg.
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Augsburg | Im Rahmen des Projektes Iseemobility hospitierten Pflegekräfte, Ärzte und Therapeuten der Augsburger Uniklinik in 2022 und 23 erstmals in schwedischen Unikliniken und Krankenhäusern, um zu lernen, wie unsere nordischen Nachbarn arbeiten – und die Erfahrungen eventuell zuhause in die Praxis zu überführen. Nun war ein Team aus Schweden in Augsburg beim BWC-Kongress – und zeigte sich von der Nachhaltigkeit und Offenheit der Augsburger Uniklinik begeistert: „Ich bin beeindruckt, wie innovativ und mit welch großem Interesse am Uniklinikum Augsburg am Thema Interprofessionalität gearbeitet wird", sagt zum Beispiel Rene Ballnus vom Karolinska Institutet in Stockholm/Schweden.
Schweden gilt als eines der Pionierländer der interprofessionellen Bildung und Zusammenarbeit. Interprofessional Education und Interprofessional Collaborative Practice sind Modelle, die ursprünglich aus den USA und Kanada stammen. Unter anderem vor dem Hintergrund des sich zuspitzenden Pflegefachkräftemangels hat das Universitätsklinikum Augsburg (UKA) das Projekt Iseemobility aufgelegt, um seinen Mitarbeitenden gegenüber nicht nur Wertschätzung zu zeigen, sondern auch künftige Mitarbeitende zu gewinnen und an sich zu binden.
Iseemobility steht für Interprofessional skills acquiring and expanding through international mobility und wurde am UKA als mitarbeiterzentriertes Entwicklungsprogramm aufgebaut mit dem Ziel, die Versorgungspraxis durch internationale Perspektiven und den interprofessionellen Austausch weiterzuentwickeln.
Es gibt Pflegefachpersonen, Physiotherapeutinnen, Ergotherapeuten und Ärzten die Möglichkeit, Erfahrungen in schwedischen Universitätskliniken und Krankenhäusern zu sammeln. Das Hospitationsprogramm des UKA stützt sich dabei auf die Erkenntnis, dass das Gesundheitswesen aktuell stark von einer Generation bewegt wird, die sich durch Idealismus, eine intrinsische Motivation sowie den Drang nach Veränderung auszeichnet. Diese jungen Leute sind flexibel, hinterfragen sich selbst und benennen Missstände am Arbeitsplatz offen, ohne bestehenden Hierarchien dabei allzu viel Beachtung zu schenken.
Franziska Reiner ist Fachkrankenpflegerin für Notfallpflege am UKA und war eine der ersten, die 2022 an Iseemobility teilnahmen. Sie und ein Kollege hospitierten unter anderem eine Woche in der Notaufnahme des schwedischen Großkrankenhauses Södersjukhuset in Stockholm. Zu ihren prägendsten Erfahrungen dort gehörten die hypermoderne Ausstattung, die Ruhe und der Pflegeschlüssel: „In einer Schicht arbeiteten so viele Pflegekräfte wie bei uns an einem ganzen Tag.“ Aber sie stellte auch fest: „Medizinisch brauchten wir uns nicht zu verstecken. Im Gegenteil. Eine nicht-invasive Beatmung kann bei uns jeder machen, dort musste dafür extra das NIV-Team kommen.“ (engl.: noninvasive ventilation, nicht-invasive Beatmung, Anm.d.Red.) Was Reiner in Schweden besonders beeindruckt hat, war der wertschätzende Umgang miteinander: „Dafür legen die Schweden ganz, ganz viel Wert auf eine gute Kommunikation. Sie haben einen wertschätzenden Umgang miteinander, nehmen stärker auf die Gefühle der anderen Rücksicht.“
Aufbauend auf den Hospitationserfahrungen von 2022 und 2023 entwickelt aktuell ein interprofessionelles Team aus Augsburger und Stockholmer Lernspezialistinnen und -spezialisten für Deutschland adaptierte und UKA-spezifische Schulungen und Workshops, die – im Mai beginnend – auf die gesamte Uniklinik ausgerollt werden sollen. „Unser Ziel ist es, mit den Schulungen die interprofessionelle, verzahnte, hierarchiefreie Zusammenarbeit sowohl im Lernsetting als auch im klinischen Alltag zu stärken“, sagt die am UKA für Iseemobility zuständige Projektleiterin Valentina Riegel. Dabei sei die Verzahnung mit der Medizinischen Fakultät und dem Modellstudiengang Medizin besonders wichtig. Denn die Interprofessionalität sei ein Leuchtturmprojekt in Richtung Universitätsmedizin Augsburg: Interprofessionalität in Lehre, Forschung, Praxis.
Pflegedirektorin Susanne Arnold freut sich auf die weiteren Entwicklungsschritte im Projekt und dass alle Beteiligten den Weg aktiv mitgehen und eigene Ideen einbringen. Sie unterstreicht am BWC Kongress den bereichernden Austausch mit den schwedischen Kolleginnen und Kollegen. "Es ist ein äußert gewinnbringendes Projekt, welches sich an einer sektorenübergreifenden und interprofessionellen Patientenversorgung orientiert. Nur so kann die Versorgung auch in Zukunft sichergestellt und mehr Menschen für die Pflege gewonnen werden. Wir müssen uns gemeinsam wieder viel mehr auf den Patienten konzentrieren.“
BU: Im Rahmen des Projektes Iseemobility hospitierten Pflegekräfte, Ärzte und Therapeuten der Augsburger Uniklinik erstmals in schwedischen Unikliniken und Krankenhäusern. Beim BWC-Kongress trafen sich die Kollegen und Kolleginnen wieder. © Samuel Tschaffon