Multimodale Schmerztherapie des Bayerischen Kinderschmerzzentrums
Chronische Schmerzen lassen sich weder auf rein körperliche noch auf rein psychische Faktoren reduzieren. Nicht nur bei der Ursachenbestimmung, auch bei der Entwicklung und der Aufrechterhaltung der Schmerzen spielen neben den körperlichen Faktoren auch psychosoziale Begleitumstände wie beispielsweise Stress oder emotionale Belastung eine wichtige Rolle. Das sogenannte biopsychosoziale Modell berücksichtigt die Wechselwirkung von körperlichen, psychischen und sozialen Faktoren. Diesem Modell entspricht die multimodale Schmerztherapie, die im Bayerischen Kinderschmerzzentrum zum Einsatz kommt.
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Hier arbeitet ein multiprofessionelles Team aus Medizinern, Psychologen, speziell geschulten Pflegekräften, Physio-, Ergo-, Musik- und Konzentrativen Bewegungstherapeuten, Lehrern und Erziehern sowie Biofeedback- und Entspannungstrainern nach einem validierten Konzept, das für jeden Patienten individuell angepasst wird. Das Konzept der Station „Gipfelstürmer“ in Augsburg ist eng angelehnt an jenes des Deutschen Kinderschmerzzentrums in Datteln, das von Experten als das vielleicht erfolgreichste Zentrum dieser Art in Europa angesehen wird.
Auf Initiative des Deutschen Kinderschmerzzentrums führen wir derzeit gemeinsam mit dem Baden-Württembergischen Kinderschmerzzentrum Stuttgart die Studie „SCHMERZ-NETZ“ durch. Ziel ist es, die Nachbetreuung von Patienten im Anschluss an eine stationäre multimodale Schmerztherapie zu intensivieren und das langfristige Therapieergebnis zu verbessern. Zusätzlich zu den Gesprächen im Rahmen der Nachsorgetermine wird im Rahmen der Studie eine Sozialarbeiterin eingesetzt, die die Familien – je nach Bedarf in unterschiedlichem Umfang – auch zu Hause dabei unterstützt, die Empfehlungen umzusetzen.
Die multimodale Schmerztherapie beinhaltet mehrere Bestandteile:
Schmerzedukation: Aufklärung und Zielsetzung
In Einzel-, Gruppen- und Familiengesprächen werden die Grundlagen des biopsychosozialen Modells erklärt. Dabei werden die Funktionsweise des schmerzverarbeitenden Systems, der Unterschied zwischen akuten und chronischen Schmerzen, bei Kopfschmerzpatienten die Unterscheidung von Migräne und Spannungskopfschmerz und auch der jeweilige Befund thematisiert. Die Kinder und Jugendlichen sollen verstehen, dass sie ihren Schmerz selbst beeinflussen können. Eine realistische Zielsetzung ist unabdingbar – nicht nur, um spätere Frustrationen auszuschließen, sondern auch, um Therapieerfolge erkennen zu können.
Strategien zur Schmerzbewältigung
Hier erlernen und üben die Kinder und Jugendlichen, wie sie durch spezielle Techniken die Aufmerksamkeit auf den eigenen Körper und den Schmerz verringern können. Dazu gehören:
- aufmerksamkeitsbasierte Methoden
- Ablenkungstechniken
- imaginative Verfahren
- kognitive Umstrukturierungen
- Entspannungsverfahren
- Biofeedback
Behandlung komorbider psychischer Störungen
Je länger der Schmerz andauert, umso relevanter werden psychologische und soziale Aspekte in Bezug auf das Schmerzerleben. Posttraumatische Belastungs- und Angststörungen sowie Depressionen werden bei Schmerzpatienten häufig beobachtet und sind relevante Faktoren für die Entwicklung und Aufrechterhaltung von chronischen Schmerzen. Hier ist eine individuelle psychotherapeutische Intervention notwendig.
Einbeziehung des Familiensystems
In Einzel- und Familiengesprächen wird untersucht, welche Rolle oder Funktion der chronische Schmerz des Kindes im familiären System spielt und wie dies zu beeinflussen ist. Eltern und Geschwister sollen lernen, das Kind dabei zu unterstützen, den Schmerz autonom zu bewältigen.
Therapieende und Rückfallprophylaxe
Die Nachbetreuung im Anschluss an die stationäre Behandlung wird durch den Schmerzlotsen des Bayerischen Kinderschmerzzentrums organisiert. Wir sprechen Empfehlungen aus, was ambulant fortgeführt werden sollte. Drei, sechs und zwölf Monate nach der stationären Behandlung sind Nachsorgetermine in der Kinderschmerzambulanz vorgesehen. Hierbei unterstützen und beraten wir, tauschen uns mit Kinderärzten, Lehrern und Therapeuten aus und bleiben weiterhin Ansprechpartner.
Auf der Seite Kontakt finden Sie Informationen zur Aufnahme. Für Fragen steht unsere Schmerzlotsin jederzeit gerne zur Verfügung!